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Umweltbundesamt beauftragt STUVA mit Bewertung des AVAS

Die STUVA bearbeitet im Auftrag des Umweltbundesamtes das Forschungsvorhaben "Lärmtechnische Bewertung des Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS)" (FKZ 3718 54 100 0). Das Forschungsvorhaben startete Anfang Oktober 2018 und hat eine Laufzeit von zwei Jahren.

Elektro- und Hybridfahrzeuge haben viele Vorteile. Einer davon ist ihr Beitrag zur Reduzierung des Straßenverkehrslärms, durch den sich ein erheblicher Teil der Bevölkerung in Deutschland gestört fühlt. Durch den fehlenden Verbrennungsmotor ermöglichen Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h ein nahezu geräuschloses Fahren. Bei schnellerer Fahrt dominieren in der Regel die Abrollgeräusche der Fahrzeugreifen derart, dass Elektrofahrzeuge ähnlich laut sind, wie herkömmliche Verbrennungsfahrzeuge.

Dieser nahezu geräuschlose Betrieb bei niedrigen Geschwindigkeiten könnte möglicherweise zu einem Problem für Fußgänger und Radfahrer werden, da die Fahrzeuge in bestimmten Situationen bzw. Betriebszuständen akustisch kaum wahrnehmbar sind. Bisherige Studien schätzen das Risiko, dass es zu Unfällen zwischen elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugen und Fußgängern oder Radfahrern kommt, unterschiedlich ein. Mögliche Szenarien für ein höheres Risiko bestehen beispielsweise für Fußgänger beim Überqueren von Fahrbahnen und auf Parkplätzen oder für Radfahrer, wenn diese von elektrisch angetrieben Kraftfahrzeugen überholt werden. Insbesondere blinde und sehbehinderte Menschen haben offensichtlich größere Schwierigkeiten, herannahende Elektrofahrzeuge rechtzeitig wahrnehmen zu können, da sie in der Regel Fahrzeuggeräusche zur Orientierung im Straßenverkehr nutzen.

Um Ziele der Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht zu gefährden (Stichwort „Vision zero“), hat die Europäische Union im Jahr 2014 beschlossen, dass alle neuen Fahrzeugtypen elektrisch angetriebener Kraftfahrzeuge ab 1. Juli 2019 verpflichtend mit einem künstlichen Geräuschgenerator auszustatten sind. Dieser muss bei niedrigen Geschwindigkeiten die typischen Geräusche eines Verbrennungsmotors imitieren [1]. Ab 1. Juli 2021 müssen alle neuen Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb entsprechend ausgestattet werden. Die genauen technischen Anforderungen (Frequenzen, Schalldruckpegel usw.) wurden international einheitlich in den UNECE R 138 [2] festgelegt. Diese künstlichen Geräusche eines AVAS stehen allerdings im Konflikt mit dem Ziel, vor allem die Innenstädte leiser zu machen und so mögliche Gesundheitsgefahren für die Bewohner zu reduzieren.

Im Forschungsvorhaben soll ergebnisoffen und unter Beteiligung verschiedener Experten aus den Stakeholdergruppen analysiert werden, wie das Lärmminderungspotenzial des Elektroantriebs zukünftig genutzt werden kann, ohne die Ziele der Verkehrssicherheit zu gefährden. Dabei ist die Wirksamkeit und Notwendigkeit des AVAS zu klären. Bei der Suche nach Lösungen für den beschriebenen Zielkonflikt soll analysiert werden, welche Technologien eine potenzielle Alternative zu AVAS darstellen könnten. Entsprechende Lösungen können bereits entwickelt worden sein, sich in der Entwicklungsphase befinden oder als Idee existieren. Auch Kombinationen von Lösungsansätzen sind zu berücksichtigen. Die von den Forschungsnehmern identifizierten, als realistisch eingeschätzten Lösungsansätze sind zusammen mit den Stakeholdern zu diskutieren. Im Ergebnis sollen Lösungen stehen, welche sowohl das Lärmminderungspotenzial durch elektrisch angetriebene Kraftfahrzeuge ausschöpfen können als auch die Ziele der Verkehrssicherheit erhalten bzw. erhöhen.

Partner der STUVA im Forschungsvorhaben sind
• Prof. Dr.-Ing. Rainer Haas, TH Köln, Fahrzeugsysteme und Produktion, Institut für Fahrzeugtechnik (IFK), Lehrgebiet Fahrzeugantriebe und -akustik, Labor für Fahrzeugschwingungen und -akustik sowie
• Dipl.-Ing. Bernd Lehming, ehemaliger Leiter des Referats Immissionsschutz (Lärm, Luftreinhaltung, Industrieanlagen) - Senatsverwaltung für Umwelt, Berlin

[1]Verordnung (EU) Nr. 540/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen und von Austauschschalldämpferanlagen sowie zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 70/157/EWG. Fundstelle: ABl. (EU) L 158 vom 27.05.2014, S. 131.

[2] Regelung Nr. 138 der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) – Einheitliche Bestimmungen für die Genehmigung geräuscharmer Straßenfahrzeuge hinsichtlich ihrer verringerten Hörbarkeit (2017/71). Fundstelle: ABl. (EU) L 9 vom 13.01.2017, S. 33.

Ansprechpartner
Dr.-Ing. Dirk Boenke
STUVA e.V.
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