„Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen für Fußgänger und Radfahrer über Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken“ - STUVA-Forschungsbericht veröffentlicht
Dies war für die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) Anlass, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) einen Forschungsauftrag zu vergeben. Das Forschungsvorhaben wurde von der STUVA in Zusammenarbeit mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Straßenverkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik (SVPT) der Universität Wuppertal bearbeitet. Ziel war es, unterschiedliche Gestaltungsformen von Querungsanlagen für den Fuß- und Radverkehr über besondere und unabhängige Bahnkörper der Straßenbahn hinsichtlich ihrer Verkehrssicherheit zu analysieren.
Neben der Untersuchung der rechtlichen und normativen Grundlagen erfolgte eine umfassende Befragung von deutschen Städten und Verkehrsunternehmen mit Straßenbahnbetrieb. Dies sollte einen Überblick über Bauformen und Ausstattung der Gleisquerungen sowie Kriterien für deren Anwendung ermöglichen. Weiterhin wurde eine bundesweit angelegte Unfallanalyse über einen Zeitraum von sieben Jahren (1.190 Unfälle) durchgeführt. Einen weiteren wichtigen Baustein stellten Verkehrsbeobachtungen und Passantenbefragungen an 19 ausgewählten Gleisquerungen in vier deutschen Städten dar. Ergänzend wurden Planungs- und Bestandsaudits sowie Unfallanalysen für die Untersuchungsorte durchgeführt.
Die Untersuchung hat bestätigt, dass Unfälle von zu Fuß gehenden und Radfahrenden an Gleisquerungen über besondere und unabhängige Bahnkörper der Straßenbahnen bezogen auf das gesamte Unfallgeschehen seltene Ereignisse sind. Sie treten überwiegend als singuläres Ereignis an einzelnen Gleisquerungen auf. Systematische Defizite bei der Gestaltung der Infrastruktur als Unfallursache konnten nicht festgestellt werden.
Allerdings wurde Verbesserungspotenzial dahingehend identifiziert, dass trotz bestehender gesetzlicher Vorgaben und umfassender Entwurfsregelwerke bundesweit betrachtet ein sehr heterogenes Bild bei der Gestaltung von Gleisquerungen besteht; wenn auch in einzelnen Städten die Umsetzung überwiegend einheitlich erfolgt.
Die Vielfalt an zugelassenen gestaltungsprägenden Elementen (Hinweise, Markierungen) und deren mögliche Kombinationen führt zu einer Vielfalt an Varianten. Dies erschwert die Wiedererkennbarkeit der Situation „Gleisquerung“. Weitgehend einheitliche Gestaltungsrichtlinien (Musterlösung) wären im Sinne einer selbsterklärenden Infrastruktur idealerweise bundesweit wünschenswert.
Die teils fehlende Übereinstimmung zwischen subjektiv und objektiv festgestellten Konfliktfaktoren bestätigte, dass die objektive Unfallanalyse einen wichtigen Bestandteil der Verkehrssicherheitsarbeit und Maßnahmenbildung in diesem Bereich darstellt. Allerdings ist die Datengrundlage verbesserungswürdig, um letztendlich auch die Analyse zu verbessern. Dies bezieht sich sowohl auf die polizeilichen Unfalldaten als auch auf die von den Verkehrsunternehmen erhobenen Unfalldaten. Hier wurde weiterer Forschungsbedarf formuliert.
Die Untersuchung zeigte, dass das Verhalten der Personen bei der Querung eine wesentliche Rolle bei der Verkehrssicherheit spielt. So wurde von den Befragten die eigene Unaufmerksamkeit als maßgeblicher Grund für eine persönlich erlebte Gefahrensituation beim Queren der Gleise genannt und als Gründe für das Queren bei rotem Lichtsignal wurden als häufigste Antworten „Strecke frei“ (55 %) und „Eile, Zeitdruck“ (25 %) genannt. Öffentlichkeitswirksame Kampagnen mit Hinweisen zum verkehrssicheren Verhalten an Gleisquerungen können hier aufklärend wirken. Da sich im Rahmen der Untersuchungen bestätigt hatte, dass Verhaltensweisen und das subjektive Sicherheitsempfinden der querenden Personen stark von ortstypischen Merkmalen abhängen, wird empfohlen, zukünftig eine kontinuierliche Verkehrssicherheitsarbeit anzustreben bzw. diese konsequent fortzuführen. Hier bieten sich beispielsweise Verkehrsschauen und Sicherheitsaudits als bewährte Instrumente an.
Weiterer Verbesserungsbedarf wird in einigen Punkten bezüglich der barrierefreien Gestaltung von Gleisquerungen gesehen. Zunächst ist festzuhalten, dass nur signalisierte Gleisquerungen für blinde Verkehrsteilnehmer barrierefrei sein können. Für Gleisquerungen fehlen in den Regelwerken bislang zudem klare Vorgaben, wie Bodenindikatoren anzulegen sind. Dies gilt vor allem im Hinblick auf eine Unterscheidung bezüglich der beiden Sicherungsarten „Sicherung durch Übersicht“ und „Technische Sicherung“. Im Rahmen der Unfallanalyse hat sich gezeigt, dass bei der Datenerfassung und Systematik sowohl bei der Polizei als auch bei Verkehrsunternehmen in einigen Punkten Verbesserungspotenzial besteht, um zukünftige Analysen zielgerichteter vornehmen zu können.
Der Schlussbericht zum Forschungsvorhaben ist als Pdf-Datei kostenlos im elektronischen Archiv der BASt erhältlich (siehe nebenstehenen Link).